Schädlinge, Krankheitserreger und Parasiten auf dem Vormarsch: Unterschied zwischen den Versionen

Aus streuobst-wiki.eu
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Die Seite wurde neu angelegt: „== Schädlinge, Krankheitserreger und Parasiten auf dem Vormarsch == === Apfelwickler=== Der Apfelwickler (''Cydia pomonella''), oft auch Obstmade genannt, ist einer der bedeutendsten Schädlinge im Obstbau und macht auch vor extensiv bewirtschafteten Streuobstwiesen nicht Halt (Müller et al., 2020). Seine Larven bohren sich in Äpfel (aber auch Birnen, Quitten und weiteres Kernobst) und zerstören die Früchte von innen heraus (Bayerische Landesanstal…“
 
 
(6 dazwischenliegende Versionen desselben Benutzers werden nicht angezeigt)
Zeile 1: Zeile 1:
== Schädlinge, Krankheitserreger und Parasiten auf dem Vormarsch ==
== Schädlinge, Krankheitserreger und Parasiten auf dem Vormarsch ==


=== Apfelwickler===
Der Klimawandel hat offenbar bereits zur Folge, dass Schädigungen der Streuobstbäume durch Pilze, Viren und Bakterien stark zunehmen. Mittlerweile treten
in immer mehr Beständen Krankheiten wie BlattfallKrankheit, Feuerbrand, Bakterienbrand, Rindenbrand, Mehltau, Apfel- und Birnenschorf, Obstbaumkrebs
und Fruchtfäule sowie Wurzelkrankheiten auf<ref name="Göding">Göding, H. (2021). ''Auswirkungen des Klimawandels auf den Streuobstanbau''. Jahresheft des Pomologen-Vereins e. V., 31-37.</ref>.


Der Apfelwickler (''Cydia pomonella''), oft auch Obstmade genannt, ist einer der bedeutendsten Schädlinge im Obstbau und macht auch vor extensiv bewirtschafteten Streuobstwiesen nicht Halt (Müller et al., 2020). Seine Larven bohren sich in Äpfel (aber auch Birnen, Quitten und weiteres Kernobst) und zerstören die Früchte von innen heraus (Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft, 2021). Auf Streuobstwiesen – die meist ohne intensiven Pflanzenschutz bewirtschaftet werden – gilt es, umweltfreundliche und nachhaltige Bekämpfungsstrategien anzuwenden, die praktikabel und bewährt sind.
In manchen Gebieten, bei welchen es bisher auf die Resistenz bei Äpfeln gegen Schorf ankam, geht dieser Pilz aufgrund zunehmender Trockenheit zurück und es existieren zunehmend Probleme mit Mehltau. Mehltau gedeiht bei Trockenheit besser als es bei den bisherigen Feuchtigkeitsbedingungen der Fall ist. Durch ungünstige Bodenstrukturen und unregelmäßige Niederschläge dagegen können Wurzelkrankheiten verursacht werden.


==== Lebenszyklus des Apfelwicklers ==== 
Es gilt, den Zustand der Bäume stets genau im Blick zu behalten und Auffälligkeiten durch Proben, schriftlich und anhand von Fotos mit Datumsangaben zu dokumentieren. Beratungsstellen können mithilfe dieser Informationen zu Pflanzenkrankheiten ggf. weiterhelfen und Gegenmaßnahmen empfehlen, wie z. B. das abgefallene Laub von mit Blattfall betroffenen Apfelbäumen und Fruchtmumien zu entfernen oder durch Schnittmaßnahmen für bessere Durchlüftung und Besonnung der Baumkrone zu sorgen. Die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln sollte dabei vermieden werden, eine dauerhafte Lösung ist sie jedenfalls nicht
Der Apfelwickler überwintert als Larve in einem dichten Kokon, versteckt unter losen Borkenschuppen am Baum oder im Falllaub/Boden (Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft, 2021). Im späten Frühjahr (meist Mai) verpuppen sich die Larven und die ersten unscheinbar graubraunen Falter schlüpfen mit den ersten warmen Nächten (Müller et al., 2020). Nach der Paarung legen die Weibchen ihre Eier an jungen Früchten oder Blättern ab. Etwa 8–14 Tage später schlüpfen die Raupen und bohren sich in die noch kleinen Äpfel ein.
<ref name="Hinrichs-Berger">Hinrichs-Berger, J. (2022): ''‘Neue’, durch den Klimawandel begünstigte Schadpilze im Streuobst''. [Vortrag] Streuobstwiesenkonferenz im Internationalen Begegnungszentrum St. Marienthal, Ostritz [06.05.2022].</ref>.
Bei warmem Sommerwetter entwickeln sich einige der ersten Generation so schnell, dass ab Juli/August eine zweite Faltergeneration erscheint (Schmidt & Becker, 2019). Deren Weibchen legen wiederum Eier an den nun größeren Früchten ab, und die Larven dieser zweiten Generation verursachen gegen Spätsommer erheblichen Schaden an reifenden Äpfeln.


==== Schadbild und Symptome ====
Generell sind gut gepflegte Bäume, die genügend Wasser und Nährstoffe zur Verfügung haben, widerstandsfähiger gegen Schaderreger als es ungepflegte oder schlecht gepflegte Bäume sind, die Mangel leiden. Man sollte Verletzungen, wie z. B. Anfahrschäden und Astbruch, vermeiden, welche als Eintrittspforten für Schaderreger fungieren und Sonnenbrand durch
Ein Apfelwicklerbefall ist an typischen Schadbildern zu erkennen. Befallene Apfelfrüchte weisen kleine Bohrlöcher in der Schale auf, aus denen bräunliche Krümel von Raupenkot herausfallen (Umweltbundesamt, 2022). Schneidet man einen solchen Apfel auf, findet sich ein zerfressenes Kerngehäuse mit einer weißen, später rosa-fleischfarbenen Larve mit braunem Kopf.
Weißeln vorbeugen.


==== Präventive Maßnahmen ====  
===Übersicht der häufigen Schädlinge, Krankheitserreger und Parasiten===
Die wirksamste Strategie zur Kontrolle des Apfelwicklers auf Streuobstwiesen sind präventive Maßnahmen. Ziel ist es, den Befallsdruck durch eine Kombination aus mechanisch-physikalischen, biologischen und – nur im Ausnahmefall – chemischen Maßnahmen so gering wie möglich zu halten. Dabei steht der Erhalt des ökologischen Gleichgewichts im Vordergrund, um langfristig stabile und artenreiche Streuobstsysteme zu fördern.
Die folgenden Schädlinge, Krankheitserreger und Parasiten haben eine Relevanz für die Gesundheit und den Ertrag von Obstbäumen oder werden es im ZUge des Klimawandels und steigender Ausbreitung in den näcnsten Jahren:
Ein zentrales Element ist das regelmäßige Absammeln befallener und herabgefallener Früchte, insbesondere während der Sommermonate. So werden Larven, die sich im Inneren der Äpfel entwickeln, rechtzeitig entfernt, bevor sie sich verpuppen und als zweite Generation erneut Schaden anrichten können.
* [[Apfelwickler]] (''Cydia pomonella'')
Darüber hinaus spielt die Förderung von Nützlingen eine wichtige Rolle. Verschiedene Tiere, wie zum Beispiel Hühner, Fledermäuse, verschiedene Vogelarten (wie Meisen oder Spechte) und Insekten wie der Ohrwurm , tragen maßgeblich zur natürlichen Regulierung des Apfelwicklers bei. Die Lebensräume der Nützlinge sollten erhalten und gezielt gefördert werden – beispielsweise durch Nistkästen, Totholzbereiche oder Blumenwiesen.
* [[Kirschessigfliege]] (''Drosophila suzukii'')
Auch die Sortenwahl kann zur Prävention beitragen. So sind spätreifende Apfelsorten (Königlicher Kurzstiel, Roter Bellefleur, Siebenschläfer, Mutterapfel etc.) weniger anfällig gegenüber dem Apfelwickler (Schmidt & Becker, 2019).
* [[Schwarzer Rindenbrand]] (''Diplodia'' spp.)
* ''[[Marssonina]]''-Blattfall (''[[Marssonina]] coronaria'')
* [[Splintholzkäfer]] (''Scolytus'' ssp.)
* [[Mistel]] (''Viscum album'')


===== Mechanische und physikalische Bekämpfungsmethoden=====
===Einzelnachweise ===
Ein bewährtes – aber kein hundertprozentig erfolgreiches - Verfahren ist das Anbringen von Wellpappe-Fanggürteln um die Stämme der Bäume. Die Larven des Apfelwicklers wandern zur Verpuppung in die Baumrinde oder den Boden. Der künstlich geschaffene Unterschlupf in der Wellpappe wird gerne angenommen. Dazu wird ein 10 bis 20 Zentimeter breiter Streifen Wellpappe eng um den Stamm der Apfelbäume gewickelt und sicher befestigt. Die Raupen der ersten Generation nutzen diese Verstecke, um sich darin zur Verpuppung zurückzuziehen.
<references />
Auch Stützpfähle sollten mit Fangwellen versehen werden, da die Larven alternativ dorthin ausweichen können. Eine wöchentliche Kontrolle der Fanggürtel ist notwendig, um den Befall zu überwachen und die darin befindlichen Raupen rechtzeitig zu entfernen.
Ab Ende September sollten die Wellpappen mitsamt den darin versteckten Larven vollständig entfernt und fachgerecht entsorgt werden, um die Überwinterung der Apfelwickler zu verhindern (Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft, 2021).
Leimringe, die ebenfalls häufig im Obstbau eingesetzt werden, zeigen hingegen keine Wirkung gegen die adulten Apfelwickler, sondern dienen vornehmlich zur Abwehr des Frostspanners.
Eine zusätzliche mechanischen Maßnahme ist der Einsatz von Pheromonfallen. Diese enthalten synthetische Sexuallockstoffe, die gezielt männliche Falter anziehen und in der Falle festhalten. Sie dienen sowohl der Überwachung (Monitoring) als auch – in begrenztem Maß – der Reduktion der Population durch Entzug von Paarungspartnern (Umweltbundesamt, 2022). Der Einsatz von Phermonfallen kann jedoch nicht verhindern, dass befruchtete Weibchen aus Nachbargärten zufliegen können. Auch diese Methode bietet also keinen hundertprozentigen Schutz gegen den Apfelwickler.
 
===== Biologische Bekämpfungsmethoden =====
Die Anwendung biologischer Gegenspieler gewinnt im Streuobstanbau zunehmend an Bedeutung. Möglich ist der gezielte Einsatz von Trichogramma-Schlupfwespen, die Eier des Apfelwicklers parasitieren und somit den Schlupf der Larven verhindern (Kammerer, 2020). Diese winzigen Insekten werden in Form von Eikarten oder Kapseln im Baum verteilt und wirken ausschließlich auf den Apfelwickler, ohne andere Insekten zu schädigen.
Im Herbst kann ergänzend der Einsatz von SF-Nematoden (Steinernema feltiae) sinnvoll sein. Diese mikroskopisch kleinen Fadenwürmer werden in wässriger Lösung auf den Boden ausgebracht und bekämpfen dort gezielt überwinternde Larven im Bodenbereich.
Ein weiterer biologischer Ansatz ist die Verwendung des Apfelwickler-Granulovirus (CpGV). Dieses Virus befällt ausschließlich die Larven des Apfelwicklers und führt bei ihnen zu einem schnellen Tod. Die Anwendung ist ökologisch unbedenklich und kann sowohl im ökologischen als auch im integrierten Anbau eingesetzt werden (Kammerer, 2020).
 
===== Verwirrmethode=====
Bei der sogenannten „Verwirrmethode“ werden künstlich hergestellte Pheromone – also die Sexuallockstoffe der Apfelwickler-Weibchen – großflächig auf der Streuobstwiese verteilt. Ziel dieser Maßnahme ist es, einen möglichst dichten „Duftstoffteppich“ zu erzeugen, der die Männchen so stark irritiert, dass sie die paarungsbereiten Weibchen nicht mehr finden können. Zur Umsetzung werden in einem Rasterabstand von etwa vier Metern spezielle Duftstoffkapseln in den oberen Kronenbereich der Bäume gehängt. Pro Hektar ergibt sich daraus ein Bedarf von rund 625 Kapseln, um eine gleichmäßige Verteilung zu gewährleisten (Bannier, 2024).
Allerdings zeigen Praxiserfahrungen, dass die Wirksamkeit dieser Methode nicht garantiert ist. So berichtet etwa Hans Joachim Bannier, dass er die Verwirrmethode im Jahr 2021 nach den Vorgaben des Herstellers in seinem Obstarboretum eingesetzt hat – mit ernüchterndem Ergebnis: Der Apfelwicklerbefall war dort deutlich stärker als auf einer benachbarten, unbehandelten Streuobstwiese. Offenbar war der Duftstoffteppich nicht ausreichend flächendeckend, wodurch die gewünschte Störung der Partnerfindung ausblieb. Zudem scheint es, als seien durch die Ausbringung der Pheromone auch Apfelwickler aus umliegenden Gebieten angelockt worden, was den Schädlingsdruck zusätzlich erhöhte (Bannier, 2024).
 
===== Zugelassene chemische Maßnahmen (Ultima Ratio)=====
Chemische Pflanzenschutzmittel sollten auf Streuobstwiesen nur als letzter Ausweg in Betracht gezogen werden. Ihr Einsatz ist mit erheblichen Nachteilen verbunden, insbesondere wegen der schlechten Erreichbarkeit der hohen Baumkronen und dem hohen Aufwand für einen effektiven Spritzschutz. Darüber hinaus besteht die Gefahr, auch Nützlinge und andere Nichtzielorganismen zu schädigen. Aus diesem Grund wird der Einsatz von Insektiziden auf extensiv bewirtschafteten Streuobstwiesen von Fachinstitutionen wie dem Robert Koch-Institut (RKI, 2023) grundsätzlich nicht empfohlen.
 
==== Forschungsbedarf====
===== Optimierung biologischer Bekämpfungsmethoden=====
Trichogramma-Schlupfwespen: Die Wirksamkeit von Trichogramma-Schlupfwespen, insbesondere T. evanescens, wurde in Versuchen nachgewiesen. Dennoch besteht Forschungsbedarf hinsichtlich ihrer Anwendung in hochstämmigen Streuobstwiesen, da dort die Ausbringung und Etablierung der Nützlinge erschwert sein kann (Hornig, 2022).
Resistenzentwicklung gegen CpGV: Es wurden Apfelwickler-Populationen identifiziert, die eine bis zu 100.000-fach geringere Empfindlichkeit gegenüber dem Cydia pomonella Granulovirus (CpGV) aufweisen. Dies unterstreicht die Notwendigkeit, neue CpGV-Stämme zu entwickeln und deren Wirksamkeit zu testen (Jehle, Johannes et.al. (2023).
 
===== Förderung natürlicher Gegenspieler=====
Die Rolle von Vögeln und Insekten wie Ohrwürmern als natürliche Feinde des Apfelwicklers ist bekannt. Dennoch bedarf es weiterer Forschung, wie Habitatstrukturen gezielt verbessert werden können, um diese Nützlinge effektiv zu fördern (Herz, 2019).
 
===== Weiterentwicklung der Verwirrmethode=====
Die Verwirrmethode zeigt in homogenen Anlagen gute Ergebnisse. In heterogenen Landschaften wie Streuobstwiesen ist die Wirksamkeit jedoch eingeschränkt, da ein flächendeckender Duftstoffteppich schwer zu erreichen ist (Bannier, 2024, Ökolandbau.de, 2019).
 
==== Fazit ====  
Die Bekämpfung des Apfelwicklers auf extensiv bewirtschafteten Streuobstwiesen erfordert einen integrierten Ansatz. Durch vorbeugende, mechanische und biologische Maßnahmen kann der Befall deutlich reduziert werden, ohne auf giftige Mittel zurückzugreifen. Die Förderung des Ökosystems und seiner Nützlinge steht dabei im Vordergrund (Müller et al., 2020).
 
==== Literatur ====
* Bannier, Hans Joachim (2024). Was tun gegen die Obstmade? Jahresheft des Pomologen Verein e. V., S. 224-229.
Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft (2021). [www.lfl.bayern.de Apfelwickler – ''Cydia pomonella''].
* Herz, Annette/Matray, Silvia (2019). [https://orgprints.org/id/eprint/35423/1/35423-14OE005-jki-herz-2019-biodiversit%C3%A4t-kernobstanbau.pdf?utm_source=chatgpt.com Innovative Maßnahmen zur Förderung der funktionellen Biodiversität im ökologischen Kernobstanbau].
* Hornig, R. (2022). Beobachtungen zum Auftreten und zur Regulierung des Apfelwicklers im biologischen Anbau, Info-Blatt für den Gartenbau in Mecklenburg Vorpommern, 6/2022, S. 250-263.
* Institut für biologische Schädlingsbekämpfung (2021). Strategien zur Regulierung des Apfelwicklers im ökologischen Obstbau
* Jehle, Johannes et.al. (2023). [https://orgprints.org/id/eprint/45384/1/Abschlussbericht_Gesamt.pdf Entwicklung von Resistenz- und Virulenzmanagement- Strategien beim Apfelwicklergranulovirus im Ökologischen Obstbau].
 
* Kammerer, J. (2020). Biologische Schädlingsbekämpfung im Obstbau. Ulmer Verlag.
* Müller, H., Krause, T. & Lehmann, S. (2020). Integrierter Pflanzenschutz auf Streuobstwiesen. Ökologie und Landbau, 51(3): 45–49.
Ökolandbau.de (2019). Apfelwickler (''Cydia pomonella'').
* RKI (2023). Bericht zur Umweltverträglichkeit von Insektiziden. Robert Koch-Institut.
* Schmidt, A. & Becker, R. (2019). Streuobstwiesenpflege in der Praxis. BLV Verlag.
* Umweltbundesamt (2022). [www.umweltbundesamt.de Pflanzenschutz im Haus- und Kleingarten. Empfehlungen zur Anwendung von Nützlingen].
 
=== Schwarzer Rindenbrand (''Diplodia'' spp.) ===
Der Schwarze Rindenbrand ist eine ernsthafte Pilzkrankheit, die vor allem Apfel- und Birnbäume befällt. Der Erreger gehört zur Gattung ''Diplodia'' und kann unter bestimmten Bedingungen zum Absterben der Bäume führen. In den letzten Jahrzehnten hat sich die Krankheit besonders durch heiße und trockene Sommer stark ausgebreitet (LTZ Augustenberg, 2024). Wenn ein Baum befallen ist, kann er oft nicht mehr gerettet werden, sodass ganze Bestände ausfallen können. Besonders gefährdet sind bereits geschwächte Bäume, die durch Stressfaktoren wie Wassermangel oder Verletzungen anfälliger für die Infektion sind.
Die wirtschaftlichen Auswirkungen des Schwarzen Rindenbrands sind erheblich. Neben den direkten Schäden durch den Verlust von Bäumen entstehen auch indirekte Kosten, beispielsweise durch die notwendigen Sanierungsmaßnahmen oder die Rodung und Neupflanzung von Obstbäumen. Zudem hat die Krankheit Auswirkungen auf die Biodiversität in Streuobstwiesen, da befallene Bäume als Lebensraum für zahlreiche Insekten und Vögel wegfallen können.
 
===Erreger und Biologie===
====Pilze der Gattung ''Diplodia''====
Schwarzer Rindenbrand wird durch Pilze aus der Gattung ''Diplodia'' verursacht. In Deutschland sind vor allem die Arten ''Diplodia bulgarica'', ''D. seriata'' und ''D. mutila'' bekannt (Brenner, Nagel & Berger, 2024). Diese Pilze sind sogenannte Schwächeparasiten, was bedeutet, dass sie hauptsächlich Bäume befallen, die bereits durch Umweltbedingungen oder andere Krankheiten geschwächt sind.
 
====Infektionswege und Lebenszyklus====
Die Infektion beginnt meist an verletzten Stellen der Rinde, die durch Frost, Trockenheit, Sonnenbrand oder mechanische Schäden entstehen. Die Pilzsporen verbreiten sich über Wind und Regen. Wenn die Bedingungen günstig sind, keimen sie aus, dringen in die Rinde ein und töten das darunterliegende Gewebe ab (LTZ Augustenberg, 2024). Der Pilz kann mehrere Jahre im Holz überleben und sich erneut ausbreiten, wenn der Baum geschwächt wird.
Untersuchungen zeigen, dass Diplodia-Pilze nicht nur über Rindenverletzungen, sondern auch über natürliche Risse oder Narben eindringen können. Besonders anfällig sind Bäume mit geschädigter Borke oder solche, die unter anhaltendem Trockenstress leiden. Zusätzlich wurde festgestellt, dass einige Pilzarten über Insekten wie Borkenkäfer verbreitet werden können, die befallene Bäume als Brutstätte nutzen.
 
===Symptome und Schadbild===
====Frühe Anzeichen====
Anfangs zeigen betroffene Bäume oft nur kleine dunkle Flecken auf der Rinde. Diese breiten sich jedoch schnell aus und vertiefen sich, wenn der Baum unter Stress steht (Hinrichs-Berger & Nagel, 2025). Auch eine verzögerte Triebentwicklung und schwache Blattfärbung können erste Hinweise auf eine Infektion sein. Die betroffenen Stellen wirken oft eingesunken und sind von gesunden Bereichen klar abgegrenzt.
 
====Fortgeschrittene Erkrankung====
Mit der Zeit wird die Rinde schwarz und beginnt sich abzulösen. Der Pilz bildet kleine warzenartige Fruchtkörper, die sogenannte Pyknidien. Wenn der Pilz den Stamm komplett umwächst, kann der Baum nicht mehr mit Nährstoffen versorgt werden und stirbt ab (LTZ Augustenberg, 2024). Besonders junge Bäume und bereits geschwächte ältere Bäume sind gefährdet. In stark befallenen Gebieten kann es zu einem großflächigen Absterben von Bäumen kommen, was sich negativ auf die gesamte Obstproduktion auswirkt.
 
====Verwechslungsgefahr mit anderen Krankheiten====
Schwarzer Rindenbrand kann mit anderen Baumkrankheiten verwechselt werden, wie Feuerbrand (''Erwinia amylovora''), Obstbaumkrebs (''Neonectria ditissima'') oder Kragenfäule (''Phytophthora'' spp.). Eine sichere Diagnose erfolgt oft durch eine Laboruntersuchung der Pilzsporen (Hinrichs-Berger, 2024). Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal ist die Beschaffenheit der abgestorbenen Rinde: Während Feuerbrand eher eine feuchte Fäulnis verursacht, bleibt die Rinde beim Schwarzen Rindenbrand trocken und brüchig.
 
===Ursachen und Risikofaktoren===
====Einfluss des Klimawandels====
Steigende Temperaturen und häufige Trockenperioden in Mitteleuropa begünstigen den Ausbruch des Schwarzen Rindenbrands. Hohe Temperaturen und Wassermangel schwächen die Bäume und machen sie anfälliger für Infektionen (Schliebner, Decker & Schlitt, 2024). Besonders Regionen mit starken Temperaturschwankungen sind betroffen. Auch Extremwetterereignisse wie Stürme oder Hagelschläge tragen dazu bei, dass Bäume verletzungsanfälliger werden.
 
====Baumstress und Standortbedingungen====
Bäume, die auf trockenen, nährstoffarmen Böden stehen oder nicht ausreichend gepflegt werden, haben ein höheres Infektionsrisiko. Besonders betroffen sind Bäume an Südhängen oder in Gegenden mit geringer Niederschlagsmenge (LTZ Augustenberg, 2024). Auch Bäume in Monokulturen oder eng gepflanzten Beständen haben ein erhöhtes Risiko, da sich Infektionen hier schneller ausbreiten können.
 
====Anfällige Obstsorten====
Untersuchungen zeigen, dass einige Apfelsorten widerstandsfähiger gegen die Krankheit sind als andere. Glockenapfel und Topaz gelten als besonders anfällig, während Bittenfelder und Bohnapfel robuster sind (Hinrichs-Berger & Nagel, 2025). Bei Birnen gibt es noch Forschungsbedarf, um die Anfälligkeit einzelner Sorten besser einschätzen zu können (LTZ Augustenberg, 2024).
 
====Standortwahl und Bodenpflege====
Die Wahl eines geeigneten Standorts ist entscheidend, um das Infektionsrisiko zu verringern. Bäume sollten auf tiefgründigen, gut belüfteten Böden mit guter Wasserversorgung gepflanzt werden. Eine regelmäßige Düngung kann die Vitalität der Bäume unterstützen (Schliebner, Decker & Schlitt, 2024). Zudem kann der gezielte Einsatz von Mykorrhiza-Pilzen helfen, die Widerstandskraft der Bäume zu stärken.
 
===Forschung und offene Fragen===
Aktuelle Forschungsprojekte untersuchen, welche Obstsorten widerstandsfähiger gegen den Schwarzen Rindenbrand sind und ob biologische Bekämpfungsmethoden möglich sind. Zudem gibt es noch offene Fragen zur genauen Verbreitung des Erregers (LTZ Augustenberg, 2024). Besonders vielversprechend sind Untersuchungen zur natürlichen Resistenz bestimmter Unterlagen sowie zum gezielten Einsatz von Antagonisten zur Eindämmung der Infektion.
==Literatur & Einzelnachweise==

Aktuelle Version vom 3. November 2025, 16:18 Uhr

Schädlinge, Krankheitserreger und Parasiten auf dem Vormarsch

Der Klimawandel hat offenbar bereits zur Folge, dass Schädigungen der Streuobstbäume durch Pilze, Viren und Bakterien stark zunehmen. Mittlerweile treten in immer mehr Beständen Krankheiten wie BlattfallKrankheit, Feuerbrand, Bakterienbrand, Rindenbrand, Mehltau, Apfel- und Birnenschorf, Obstbaumkrebs und Fruchtfäule sowie Wurzelkrankheiten auf[1].

In manchen Gebieten, bei welchen es bisher auf die Resistenz bei Äpfeln gegen Schorf ankam, geht dieser Pilz aufgrund zunehmender Trockenheit zurück und es existieren zunehmend Probleme mit Mehltau. Mehltau gedeiht bei Trockenheit besser als es bei den bisherigen Feuchtigkeitsbedingungen der Fall ist. Durch ungünstige Bodenstrukturen und unregelmäßige Niederschläge dagegen können Wurzelkrankheiten verursacht werden.

Es gilt, den Zustand der Bäume stets genau im Blick zu behalten und Auffälligkeiten durch Proben, schriftlich und anhand von Fotos mit Datumsangaben zu dokumentieren. Beratungsstellen können mithilfe dieser Informationen zu Pflanzenkrankheiten ggf. weiterhelfen und Gegenmaßnahmen empfehlen, wie z. B. das abgefallene Laub von mit Blattfall betroffenen Apfelbäumen und Fruchtmumien zu entfernen oder durch Schnittmaßnahmen für bessere Durchlüftung und Besonnung der Baumkrone zu sorgen. Die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln sollte dabei vermieden werden, eine dauerhafte Lösung ist sie jedenfalls nicht [2].

Generell sind gut gepflegte Bäume, die genügend Wasser und Nährstoffe zur Verfügung haben, widerstandsfähiger gegen Schaderreger als es ungepflegte oder schlecht gepflegte Bäume sind, die Mangel leiden. Man sollte Verletzungen, wie z. B. Anfahrschäden und Astbruch, vermeiden, welche als Eintrittspforten für Schaderreger fungieren und Sonnenbrand durch Weißeln vorbeugen.

Übersicht der häufigen Schädlinge, Krankheitserreger und Parasiten

Die folgenden Schädlinge, Krankheitserreger und Parasiten haben eine Relevanz für die Gesundheit und den Ertrag von Obstbäumen oder werden es im ZUge des Klimawandels und steigender Ausbreitung in den näcnsten Jahren:

Einzelnachweise

  1. Göding, H. (2021). Auswirkungen des Klimawandels auf den Streuobstanbau. Jahresheft des Pomologen-Vereins e. V., 31-37.
  2. Hinrichs-Berger, J. (2022): ‘Neue’, durch den Klimawandel begünstigte Schadpilze im Streuobst. [Vortrag] Streuobstwiesenkonferenz im Internationalen Begegnungszentrum St. Marienthal, Ostritz [06.05.2022].