Bewirtschaftung des Unterwuchses in Streuobstwiesen

Aus streuobst-wiki.eu
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Einleitung

Der Unterwuchs in Streuobstwiesen spielt eine zentrale Rolle für das ökologische Gleichgewicht und die langfristige Erhaltung dieser Kulturlandschaften. Die Art der Bewirtschaftung beeinflusst maßgeblich die Nährstoffversorgung des Bodens, die Wasserverfügbarkeit sowie die Biodiversität. Dabei stehen verschiedene Methoden zur Verfügung, die jeweils spezifische Vor- und Nachteile aufweisen. Zudem kann die Wahl der Bewirtschaftungsmethode langfristige Auswirkungen auf die Bodenfruchtbarkeit und das Baumwachstum haben. Ein ausgewogenes Management des Unterwuchses trägt dazu bei, den Lebensraum für Insekten, Vögel und Kleinsäuger zu erhalten und zu verbessern. Wichtig ist, dass das gezielte Mulchen der Baumscheibe getrennt von der allgemeinen Bewirtschaftung des Unterwuchses betrachtet werden muss. Während die Pflege des Unterwuchses die gesamte Wiesenfläche betrifft, dient das Mulchen der Baumscheibe vorrangig dem Schutz der Baumwurzelzone, der Wasserspeicherung und der Nährstoffversorgung einzelner Bäume. Zusätzlich kann es helfen, mechanische Schäden durch Mähgeräte oder Weidetiere zu verhindern und die Konkurrenz durch Gräser um Wasser und Nährstoffe zu reduzieren. Auch sorgt eine regelmäßig gemulchte (gemähte) Baumscheibe dafür, dass Wühlmäuse weniger Versteckmöglichkeiten haben und von ihren „Feinden“ leichter erlegt werden können.

Mulchen

Mulchen bezeichnet das Abdecken des Bodens mit organischem Material wie Gras, Stroh oder Holzhackschnitzeln. Ziel ist es, die Bodenfeuchtigkeit zu erhalten, die Humusbildung zu fördern und Konkurrenzvegetation zu unterdrücken. Eine gut aufgebaute Mulchschicht reduziert zudem die Erosion und trägt langfristig zur Stabilisierung des Ökosystems bei. Darüber hinaus kann die Art des Mulchmaterials verschiedene Effekte auf den Boden haben. Holzmulch fördert eine langfristige Humusbildung, während Grasschnitt schneller zersetzt wird und kurzfristig Stickstoff freisetzt. Stroh wirkt isolierend und verringert die Verdunstung, was besonders in Trockenperioden von Vorteil ist.

Mulchen hat einen überwiegend negativen Effekt auf die Insektenwelt, da Lebewesen und Lebensräume zerstört werden und keine Rückzugsorte für Insekten übrigbleiben. Unter der Baumkrone sollte drei- bis viermal im Jahr mit dem Rasenmäher gemäht werden, sodass der Grasaufwuchs stark verkleinert wird. Dies hat den Vorteil, dass sich der Aufwuchs schnell zersetzt und als Dünger für den Baum zur Verfügung steht. Damit Streuobstbäume guten Obstertrag bringen, brauchen sie eine hinreichende Nährstoffversorgung/Düngung. Dies wird mit dem Mulchen unter den Baumkronen gewährleistet, denn das Mulchen führt die im Gras gebundenen Nährstoffe zu einem großen Teil zurück; zudem wird der Boden darunter locker und feuchter gehalten, was der Vitalität der Bäume zu Gute kommt. In Regionen ohne hinreichende Verwertungsmöglichkeit für den Grasaufwuchs mangels viehhaltender Betriebe müsste das Gras unter der Baumkrone energieaufwändig abgefahren und kompostiert werden. Beim Mulchen entfällt die Abfuhr und es ist keine bzw. weniger Düngerzufuhr von außen notwendig. Das spart Betriebsmittel wie Diesel. Ein weiterer Vorteil des mehrmaligen Mulchens im Jahr unter der Baumkrone ist, dass Wühlmäuse keine Deckung haben. Am Ende der Vegetationsperiode empfiehlt es sich, den Grasschnitt auf der Streuobstwiese zu verteilen, damit er Wühlmäusen keine Versteckmöglichkeit bietet. Mulchen ist berechtigt und sinnvoll, wenn es gezielt in kleinen Bereichen angewendet wird (z.B. um Baumstämme herum, nicht auf der gesamten Fläche).

Vorteile:

  • Erhöhte Bodenfeuchte durch reduzierte Verdunstung;
  • Förderung des Bodenlebens, insbesondere von Regenwürmern und Mikroorganismen;
  • Schutz vor Bodenerosion und Temperaturregulierung des Bodens.

Nachteile:

  • Gefahr von Bodenverdichtung bei zu häufiger Anwendung;
  • Mögliche Förderung von Schneckenpopulationen;
  • Mulchen ist insbesondere für Schmetterlingsraupen, Heuschrecken und Laufkäfer verheerend.

Mähen und Abführen

Diese Methode umfasst das regelmäßige Schneiden des Unterwuchses und das Entfernen des Schnittguts von der Fläche. Besonders für artenreiche Wiesen hat sich das einmalige oder zweimalige Mähen pro Jahr als vorteilhaft erwiesen, da es konkurrenzschwache Pflanzenarten fördert und die natürliche Dynamik der Wiese erhält. Die Häufigkeit der Mahd beeinflusst dabei maßgeblich die Zusammensetzung der Vegetation. Eine späte Mahd fördert beispielsweise blühende Kräuter, während eine frühe und häufige Mahd zu einer Dominanz von Gräsern führen kann. Zudem ist die Wahl des Mähgeräts entscheidend: Balkenmäher sind insektenfreundlicher als rotierende Mähwerke, da sie Tiere weniger stark verletzen und daher zu empfehlen. Außerdem sollte die Schnitthöhe mindestens 10 cm betragen, um Überwinterungsräume für Insekten zu erhalten. Das Abführen des Mähguts reduziert die Nährstoffanreicherung des Bodens und verhindert, dass sich schnell wachsende, konkurrenzstarke Pflanzenarten durchsetzen. Blütenreiche Bestände sollten möglichst bei bedecktem Himmel und kühlen Temperaturen gemäht werden, da dann weniger Blütenbesucher unterwegs sind Die Mahd sollte von innen nach außen erfolgen. Dies ermöglicht mobilen Wildtieren während der Mahd die Flucht (z. B. Insekten, Rehen, Feldhasen). Die Mosaikmahd (Staffel-Mahd), bei der immer kleine Flächen ungemäht bleiben, ist zu empfehlen. Teilbereiche, die bei der Mahd ausgelassen und erst einige Tage bis wenige Wochen später oder erst bei der nächsten Mahd gemäht werden, dienen dem Erhalt von Rückzugsflächen und erhöhen der Überlebenschancen der Tiere. Dadurch ist eine schnelle Rückbesiedelung der Tierarten auf der gesamten Fläche möglich.

Vorteile:

  • Fördert artenreiche Wiesen und konkurrenzschwache Pflanzenarten;
  • Verhindert übermäßige Nährstoffanreicherung im Boden;
  • Reduziert die Verbuschung und erhält die Offenlandschaft.

Nachteile:

  • Hoher Arbeitsaufwand, insbesondere bei häufiger Mahd;
  • Damit verbunden zum Teil hohe Kosten für die Mahd und die Entsorgung des Schnittguts
  • Gefahr von Schädigungen an Insekten und Kleintieren durch unsachgemäße Mahd;
  • Verlust von Biomasse als natürliche Nährstoffquelle durch das Abführen des Schnittguts;
  • Eine zwei- oder mehrmalige Mahd im Jahr beeinträchtigt den Insektenbestand stark.

Beweidung

Bei der Beweidung nutzen Weidetiere wie Schafe, Ziegen oder Rinder den Unterwuchs als Futterquelle. Eine extensive Beweidung ist vorteilhaft für den Erhalt der Wiesenvegetation, während eine zu hohe Besatzdichte zu Bodenverdichtung und Vegetationsschäden führen kann. Die Auswirkungen der Beweidung hängen stark von der gewählten Tierart ab. Schafe eignen sich besonders für eine gleichmäßige Beweidung und hinterlassen nur geringe Trittschäden. Ziegen hingegen fressen bevorzugt Gehölze und können dadurch junge Bäume schädigen. Rinder fördern durch ihre schweren Tritte die Bodenverdichtung, tragen jedoch durch ihre Hinterlassenschaften zur natürlichen Düngung bei. Eine extensive Beweidung mit einer Mischung aus verschiedenen Weidetieren ideal, um eine artenreiche Vegetation zu erhalten ist ideal. Die Beweidung kann helfen, invasive Pflanzenarten zu reduzieren und die Vielfalt der Wiesenpflanzen zu erhalten. Gleichzeitig kann eine unzureichend kontrollierte Beweidung zu Übernutzung führen, was sich negativ auf die Regeneration der Vegetation auswirkt. Vorteile:

  • Natürliche Düngung durch Exkremente der Tiere;
  • Förderung der Bodenbiologie durch organischen Eintrag;
  • Erhaltung der Wiesenvegetation durch selektiven Verbiss.

Nachteile:

  • Gefahr von Trittschäden und Bodenverdichtung bei zu hoher Besatzdichte;
  • Mögliche Schädigung der Bäume durch Verbiss;
  • Hoher Kosten- und Arbeitsaufwand durch den notwendigen Verbiss-Schutz;
  • Risiko einer Überweidung und damit einhergehender Bodenerosion.

Vergleich der Methoden

Die folgende Tabelle stellt die Unterschiede der Methoden übersichtlich dar: Methode Biodiversität Bodenfruchtbarkeit Wasserhaushalt Arbeitsaufwand Mulchen Niedrig Hoch Hoch Mittel Mähen & Abführen Hoch Mittel Mittel Hoch Beweidung Hoch Hoch Mittel Hoch Mulchen erhält die Bodenfeuchte, während Mahd und Abfuhr die Nährstoffverfügbarkeit beeinflussen. Beweidung kombiniert Pflege und Düngung, birgt jedoch Risiken für Bodenschäden und Bäume.

Klima- und Umweltrelevanz

Die Wahl der Bewirtschaftungsmethode hat direkte Auswirkungen auf die Klimaanpassungsfähigkeit der Streuobstwiesen. Studien zeigen beispielsweise, dass in Süddeutschland extensiv bewirtschaftete Streuobstwiesen eine höhere Wasserspeicherung und bessere CO₂-Bindung aufweisen als intensiv genutzte Flächen. Eine extensive Bewirtschaftung mit Mulchen oder Beweidung trägt zur Speicherung von CO₂ im Boden bei und verbessert die Humusbildung. Übermäßige Mahd oder intensive Beweidung können hingegen die Bodengesundheit und Wasserspeicherung negativ beeinflussen.

Forschungsbedarf

Weitere Untersuchungen sind erforderlich, um die langfristigen Effekte der Bewirtschaftungsmethoden besser zu verstehen. Studien zeigen beispielsweise, dass Mulchen zwar die Bodenfruchtbarkeit verbessert, jedoch gleichzeitig zu einer Reduktion bestimmter Insektenarten wie Laufkäfern und Heuschrecken führen kann. Ebenso ist der Einfluss der Beweidung stark von der gewählten Tierart abhängig: Während Schafe positive Effekte auf die Vegetationsstruktur haben können, verursachen Ziegen und Pferde erhebliche Schäden an Baumrinden, wenn nicht ein sehr guter Baumschutz angebracht wurde. Rinder können durch Trittschäden die Bodenverdichtung fördern. Auch die Auswirkungen intensiver Mahd sind noch nicht vollständig erforscht. Während eine zu häufige Mahd die Artenvielfalt reduziert, kann eine vollständige Brache ebenso negative Effekte auf Wiesenarten haben. Daher sind Langzeitstudien erforderlich, um die optimale Kombination dieser Methoden für unterschiedliche Standortbedingungen zu bestimmen. Insbesondere fehlen Untersuchungen zur Wechselwirkung zwischen Mulchmaterialien und Bodenmikrobiologie, zur optimalen Kombination von Mahd und Beweidung sowie zur Resilienz der Bodenfruchtbarkeit unter veränderten Klimabedingungen. Zudem ist unzureichend erforscht, inwiefern unterschiedliche Bewirtschaftungsformen die Kohlenstoffspeicherung im Boden beeinflussen.

Einzelnachweis

  • Gorthner, A. (2023). Insektenfreundliche Grünlandpflege (Vers. 2021/1).
  • Haug, B.: Bodenwasservorräte erhöhen. 2023.
  • Roos, B.: Nährstoffversorgung im Streuobstbau. 2023.
  • Schliebner, S. et al.: Streuobstwiesen im Klimawandel – Ein Leitfaden. Oberlausitz-Stiftung, 2023.
  • Van de Poel, D., & Zehm, A. (2014). Die Wirkung des Mähens auf die Fauna der Wiesen – Eine Literaturauswertung für den Naturschutz. Anliegen Natur, 36 (2), 36–51.
  • Zehnder, M. & Weller, F.: Streuobstbau. 2021.