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''Marssonina coronaria'', auch bekannt unter ihrer Hauptfruchtform ''Diplocarpon mali'', ist ein bedeutender Pilzpathogen des Apfels, der in den letzten Jahren verstärkt im ökologischen und extensiven Apfelanbau Mitteleuropas auftritt. Die durch ihn verursachte Blattfallkrankheit, auch als Marssonina-Blattfall bezeichnet, führt zu frühzeitigem Laubverlust und kann erhebliche Auswirkungen auf Ertrag und Fruchtqualität haben. Während der Erreger in Asien schon lange als bedeutender Schadpilz bekannt ist, wurde er in Europa erstmals um 2010 vermehrt beobachtet, besonders in der Schweiz, Österreich und Süddeutschland ( | [[File:Blattsymptome.jpg|Blattsymptome|thumb|upright=1|250px| | ||
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''Marssonina coronaria'', auch bekannt unter ihrer Hauptfruchtform ''Diplocarpon mali'', ist ein bedeutender Pilzpathogen des Apfels, der in den letzten Jahren verstärkt im ökologischen und extensiven Apfelanbau Mitteleuropas auftritt. Die durch ihn verursachte Blattfallkrankheit, auch als Marssonina-Blattfall bezeichnet, führt zu frühzeitigem Laubverlust und kann erhebliche Auswirkungen auf Ertrag und Fruchtqualität haben. Während der Erreger in Asien schon lange als bedeutender Schadpilz bekannt ist, wurde er in Europa erstmals um 2010 vermehrt beobachtet, besonders in der Schweiz, Österreich und Süddeutschland <ref name="Naef">Naef, A. et al. (2013). ''Marssonina-Blattfall, eine neue Apfelkrankheit''. Schweizer Zeitschrift für Obst- und Weinbau 16(13): 8–11.</ref>. | |||
===Taxonomie / Systematik=== | ===Taxonomie / Systematik=== | ||
''Marssonina coronaria'' ist die Nebenfruchtform (Anamorphe) eines Schlauchpilzes, dessen Hauptfruchtform als ''Diplocarpon mali'' beschrieben wurde. Die Erstbeschreibung erfolgte durch Miyake im Jahr 1907. Molekulare und morphologische Studien haben zur Charakterisierung des Erregers beigetragen ( | ''Marssonina coronaria'' ist die Nebenfruchtform (Anamorphe) eines Schlauchpilzes, dessen Hauptfruchtform als ''Diplocarpon mali'' beschrieben wurde. Die Erstbeschreibung erfolgte durch Miyake im Jahr 1907. Molekulare und morphologische Studien haben zur Charakterisierung des Erregers beigetragen <ref name="Lee">Lee, D. H. et al. (2011). ''Biological characterization of Marssonina coronaria associated with apple blotch disease''. Mycobiology 39(3): 200–205.</ref>. | ||
Taxonomische Einordnung: | Taxonomische Einordnung: | ||
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===Verbreitung=== | ===Verbreitung=== | ||
Ursprünglich wurde ''Marssonina coronaria'' vor allem in Asien nachgewiesen, insbesondere in China, Indien, Korea und Japan, wo der Pilz als bedeutender Krankheitserreger im Apfelanbau gilt. Seit etwa 2010 wurde der Erreger auch in Europa nachgewiesen, zunächst in der Schweiz, dann auch in Österreich, Südtirol und Süddeutschland. Die Ausbreitung erfolgt primär in ökologischen oder extensiven Anlagen sowie im Streuobstanbau ( | Ursprünglich wurde ''Marssonina coronaria'' vor allem in Asien nachgewiesen, insbesondere in China, Indien, Korea und Japan, wo der Pilz als bedeutender Krankheitserreger im Apfelanbau gilt. Seit etwa 2010 wurde der Erreger auch in Europa nachgewiesen, zunächst in der Schweiz, dann auch in Österreich, Südtirol und Süddeutschland. Die Ausbreitung erfolgt primär in ökologischen oder extensiven Anlagen sowie im Streuobstanbau <ref name="Naef">Naef, A. et al. (2013). ''Marssonina-Blattfall, eine neue Apfelkrankheit''. Schweizer Zeitschrift für Obst- und Weinbau 16(13): 8–11.</ref><ref name="Naef2">Naef, A. et al. (2019). ''Neueste Erkenntnisse zur Blattfallkrankheit''. Öko-Obstbau 3: 8–11.</ref>. | ||
=== Biologie und Krankheitszyklus=== | === Biologie und Krankheitszyklus=== | ||
''Marssonina coronaria'' überwintert im Falllaub, wo Konidien in sogenannten Acervuli gebildet werden. Diese asexuellen Sporen gelten in Europa als wichtigste primäre Infektionsquelle. Die sexuelle Form (Ascosporen in Apothezien) konnte bislang nicht nachgewiesen werden. Erste Infektionen erfolgen bereits im Mai, häufig nach Regenereignissen. Die Inkubationszeit beträgt etwa 10–20 Tage, danach treten erste Symptome auf. Der Pilz durchläuft mehrere Infektionszyklen im Jahr (3). | ''Marssonina coronaria'' überwintert im Falllaub, wo Konidien in sogenannten Acervuli gebildet werden. Diese asexuellen Sporen gelten in Europa als wichtigste primäre Infektionsquelle. Die sexuelle Form (Ascosporen in Apothezien) konnte bislang nicht nachgewiesen werden. Erste Infektionen erfolgen bereits im Mai, häufig nach Regenereignissen. Die Inkubationszeit beträgt etwa 10–20 Tage, danach treten erste Symptome auf. Der Pilz durchläuft mehrere Infektionszyklen im Jahr (3). | ||
Die Infektion erfolgt bei hoher Luftfeuchtigkeit und Temperaturen zwischen 20 und 25 °C. Die Ausbreitung geschieht über Spritzwasser. Die Sporulation beginnt ab Mitte April aus überwintertem Laub (3 | Die Infektion erfolgt bei hoher Luftfeuchtigkeit und Temperaturen zwischen 20 und 25 °C. Die Ausbreitung geschieht über Spritzwasser. Die Sporulation beginnt ab Mitte April aus überwintertem Laub <ref name="Naef2">Naef, A. et al. (2019). ''Neueste Erkenntnisse zur Blattfallkrankheit''. Öko-Obstbau 3: 8–11.</ref>. Studien zeigen, dass Konidien die Hauptinfektionsquelle darstellen, während Ascosporen in Europa keine Rolle spielen <ref name="Oberhänsli">Oberhänsli, T. et al. (2021). ''Multiplexed SSR marker analysis of Diplocarpon coronariae reveals clonality within samples from Middle Europe and genetic distance from Asian and North American isolates''. CABI Agriculture and Bioscience 2:21. [https://doi.org/10.1186/s43170-021-00039-6].</ref>. Sporenfallen zeigten eine gleichmäßige Verteilung der Konidien in verschiedenen Höhen über Laubdepots <ref name="Oberhänsli">Oberhänsli, T. et al. (2021). ''Multiplexed SSR marker analysis of Diplocarpon coronariae reveals clonality within samples from Middle Europe and genetic distance from Asian and North American isolates''. CABI Agriculture and Bioscience 2:21. [https://doi.org/10.1186/s43170-021-00039-6].</ref>. | ||
=== Symptome === | === Symptome === | ||
Die ersten Symptome erscheinen ab Juni in Form von kleinen, braun-violetten bis schwarzen Blattflecken auf der Oberseite der Blätter. Diese vergrößern sich zu grauschwarzen nekrotischen Flecken mit schwarzen Fruchtkörpern (Acervuli). Die betroffenen Blätter verfärben sich gelb und fallen vorzeitig ab. Mitunter treten auch olivgrüne bis schwarze Fruchtflecken auf ( | Die ersten Symptome erscheinen ab Juni in Form von kleinen, braun-violetten bis schwarzen Blattflecken auf der Oberseite der Blätter. Diese vergrößern sich zu grauschwarzen nekrotischen Flecken mit schwarzen Fruchtkörpern (Acervuli). Die betroffenen Blätter verfärben sich gelb und fallen vorzeitig ab. Mitunter treten auch olivgrüne bis schwarze Fruchtflecken auf <ref name="Naef">Naef, A. et al. (2013). ''Marssonina-Blattfall, eine neue Apfelkrankheit''. Schweizer Zeitschrift für Obst- und Weinbau 16(13): 8–11.</ref>. | ||
Eine sichere Abgrenzung zu anderen Blattfleckenerregern wie Phyllosticta gelingt über mikroskopische Merkmale ( | Eine sichere Abgrenzung zu anderen Blattfleckenerregern wie Phyllosticta gelingt über mikroskopische Merkmale <ref name="Naef">Naef, A. et al. (2013). ''Marssonina-Blattfall, eine neue Apfelkrankheit''. Schweizer Zeitschrift für Obst- und Weinbau 16(13): 8–11.</ref>. | ||
5. Bedeutung für Streuobstwiesen | 5. Bedeutung für Streuobstwiesen | ||
Streuobstwiesen sind in MitteleuropaÖsterreich ein bedeutender Bestandteil der Kulturlandschaft und Biodiversität ( | Streuobstwiesen sind in MitteleuropaÖsterreich ein bedeutender Bestandteil der Kulturlandschaft und Biodiversität <ref name="Unesco">Österreichische UNESCO-Kommission (2010). ''Streuobstanbau in Österreich – Immaterielles Kulturerbe''. Wien.</ref>. Sie zeichnen sich durch eine extensive Bewirtschaftung und hohe Sortenvielfalt aus. Diese Bewirtschaftungsform, fast immeroft ohne regelmäßige Fungizidbehandlungen im Sommer, begünstigt das Auftreten von ''Marssonina coronaria''. Besonders betroffen sind schorfresistente Sorten, bei denen auf Pflanzenschutzmaßnahmen verzichtet wird. Der daraus resultierende Blattfall kann die Vitalität der Bäume langfristig beeinträchtigen, den Fruchtertrag reduzieren und die Ausbildung von Knospen im Folgejahr stören <ref name="Naef">Naef, A. et al. (2013). ''Marssonina-Blattfall, eine neue Apfelkrankheit''. Schweizer Zeitschrift für Obst- und Weinbau 16(13): 8–11.</ref> <ref name="Naef2">Naef, A. et al. (2019). ''Neueste Erkenntnisse zur Blattfallkrankheit''. Öko-Obstbau 3: 8–11.</ref><ref name="Unesco">Österreichische UNESCO-Kommission (2010). ''Streuobstanbau in Österreich – Immaterielles Kulturerbe''. Wien.</ref>. | ||
=== Sortenanfälligkeit=== | === Sortenanfälligkeit=== | ||
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=== Bekämpfung und Management === | === Bekämpfung und Management === | ||
====Biologische Maßnahmen ==== | ====Biologische Maßnahmen ==== | ||
Im ökologischen Anbau kommen hauptsächlich Tonerdepräparate wie Myco-Sin und Myco-San zum Einsatz, die eine zufriedenstellende Wirkung zeigen. Ergänzend werden Netzschwefel, Kupferpräparate und Schwefelkalk eingesetzt. Kaliumbicarbonat zeigt eine schwächere Wirkung (3 | Im ökologischen Anbau kommen hauptsächlich Tonerdepräparate wie Myco-Sin und Myco-San zum Einsatz, die eine zufriedenstellende Wirkung zeigen. Ergänzend werden Netzschwefel, Kupferpräparate und Schwefelkalk eingesetzt. Kaliumbicarbonat zeigt eine schwächere Wirkung <ref name="Naef2">Naef, A. et al. (2019). ''Neueste Erkenntnisse zur Blattfallkrankheit''. Öko-Obstbau 3: 8–11.</ref>. Für eine verbesserte Wirkung wird auch eine Kombination aus Tonerde- und Schwefelbehandlung empfohlen <ref name="Naef">Naef, A. et al. (2013). ''Marssonina-Blattfall, eine neue Apfelkrankheit''. Schweizer Zeitschrift für Obst- und Weinbau 16(13): 8–11.</ref>. | ||
====Kulturelle Vorbeugende Maßnahmen==== | ====Kulturelle Vorbeugende Maßnahmen==== | ||
Zentrale Maßnahmen umfassen die Förderung des Blattabbaus nach dem Laubfall, das Entfernen von Falllaub sowie durchlüftungsfördernde Schnittmaßnahmen. Die Vermeidung dichter Baumkronen reduziert die Blattnassdauer und senkt damit das Infektionsrisiko (3 | Zentrale Maßnahmen umfassen die Förderung des Blattabbaus nach dem Laubfall, das Entfernen von Falllaub sowie durchlüftungsfördernde Schnittmaßnahmen. Die Vermeidung dichter Baumkronen reduziert die Blattnassdauer und senkt damit das Infektionsrisiko <ref name="Naef2">Naef, A. et al. (2019). ''Neueste Erkenntnisse zur Blattfallkrankheit''. Öko-Obstbau 3: 8–11.</ref>. | ||
====Chemische Maßnahmen==== | ====Chemische Maßnahmen==== | ||
In der integrierten Produktion werden Fungizide wie Trifloxystrobin, Difenoconazol und Captan mit guter Wirkung eingesetzt. Sie zeigen insbesondere in Kombination nach der Blüte eine hohe Wirksamkeit. Im konventionellen Anbau ist der Erreger bislang weniger problematisch, da er durch andere Behandlungen miterfasst wird ( | In der integrierten Produktion werden Fungizide wie Trifloxystrobin, Difenoconazol und Captan mit guter Wirkung eingesetzt. Sie zeigen insbesondere in Kombination nach der Blüte eine hohe Wirksamkeit. Im konventionellen Anbau ist der Erreger bislang weniger problematisch, da er durch andere Behandlungen miterfasst wird <ref name="Naef">Naef, A. et al. (2013). ''Marssonina-Blattfall, eine neue Apfelkrankheit''. Schweizer Zeitschrift für Obst- und Weinbau 16(13): 8–11.</ref>. | ||
====Integrierte Strategien==== | ====Integrierte Strategien==== | ||
Ein kombinierter Einsatz von biologischen, kulturellen vorbeugenden und chemischen Maßnahmen verspricht den höchsten Bekämpfungserfolg. Besonders wichtig ist die Behandlung ab Auftreten der ersten Symptome, da bereits das Auslassen einzelner Spritzungen den Befall deutlich erhöhen kann (3 | Ein kombinierter Einsatz von biologischen, kulturellen vorbeugenden und chemischen Maßnahmen verspricht den höchsten Bekämpfungserfolg. Besonders wichtig ist die Behandlung ab Auftreten der ersten Symptome, da bereits das Auslassen einzelner Spritzungen den Befall deutlich erhöhen kann <ref name="Naef2">Naef, A. et al. (2019). ''Neueste Erkenntnisse zur Blattfallkrankheit''. Öko-Obstbau 3: 8–11.</ref>. | ||
=== Forschung und Entwicklung=== | === Forschung und Entwicklung=== | ||
Neuere molekulargenetische Studien zeigen, dass europäische Populationen von ''Marssonina coronaria'' eine geringe genetische Diversität aufweisen, was auf eine vergleichsweise junge Einführung oder Ausbreitung hinweist ( | Neuere molekulargenetische Studien zeigen, dass europäische Populationen von ''Marssonina coronaria'' eine geringe genetische Diversität aufweisen, was auf eine vergleichsweise junge Einführung oder Ausbreitung hinweist <ref name="Oberhänsli">Oberhänsli, T. et al. (2021). ''Multiplexed SSR marker analysis of Diplocarpon coronariae reveals clonality within samples from Middle Europe and genetic distance from Asian and North American isolates''. CABI Agriculture and Bioscience 2:21. [https://doi.org/10.1186/s43170-021-00039-6].</ref><ref name="Khodadadi">Khodadadi, F. et al. (2022) ''Characterizations of an emerging disease: Apple blotch caused by Diplocarpon coronariae (syn. Marssonina coronaria) in the Mid-Atlantic United States.''. Plant Disease 106(6): 1803–1817.[https://doi.org/10.1094/PDIS-11-21-2557-RE].</ref>. Gleichzeitig bestehen deutliche genetische Unterschiede zu asiatischen Populationen. Die Entwicklung von SSR-Markern erlaubt dabei eine genauere Analyse der Populationsstruktur und unterstützt künftige Resistenzzüchtungsprogramme <ref name="Khodadadi">Khodadadi, F. et al. (2022) ''Characterizations of an emerging disease: Apple blotch caused by Diplocarpon coronariae (syn. Marssonina coronaria) in the Mid-Atlantic United States.''. Plant Disease 106(6): 1803–1817.[https://doi.org/10.1094/PDIS-11-21-2557-RE].</ref>. | ||
=== Einzelnachweise=== | === Einzelnachweise=== | ||
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Aktuelle Version vom 28. November 2025, 14:43 Uhr
Marssonina coronaria

Marssonina coronaria, auch bekannt unter ihrer Hauptfruchtform Diplocarpon mali, ist ein bedeutender Pilzpathogen des Apfels, der in den letzten Jahren verstärkt im ökologischen und extensiven Apfelanbau Mitteleuropas auftritt. Die durch ihn verursachte Blattfallkrankheit, auch als Marssonina-Blattfall bezeichnet, führt zu frühzeitigem Laubverlust und kann erhebliche Auswirkungen auf Ertrag und Fruchtqualität haben. Während der Erreger in Asien schon lange als bedeutender Schadpilz bekannt ist, wurde er in Europa erstmals um 2010 vermehrt beobachtet, besonders in der Schweiz, Österreich und Süddeutschland [1].
Taxonomie / Systematik
Marssonina coronaria ist die Nebenfruchtform (Anamorphe) eines Schlauchpilzes, dessen Hauptfruchtform als Diplocarpon mali beschrieben wurde. Die Erstbeschreibung erfolgte durch Miyake im Jahr 1907. Molekulare und morphologische Studien haben zur Charakterisierung des Erregers beigetragen [2]. Taxonomische Einordnung:
- Reich: Fungi (Pilze)
- Abteilung: Ascomycota (Schlauchpilze)
- Klasse: Leotiomycetes
- Ordnung: Helotiales
- Familie: Dermateaceae
- Gattung: Marssonina
- Art: Marssonina coronaria (anamorph) / Diplocarpon mali (teleomorph).
Verbreitung
Ursprünglich wurde Marssonina coronaria vor allem in Asien nachgewiesen, insbesondere in China, Indien, Korea und Japan, wo der Pilz als bedeutender Krankheitserreger im Apfelanbau gilt. Seit etwa 2010 wurde der Erreger auch in Europa nachgewiesen, zunächst in der Schweiz, dann auch in Österreich, Südtirol und Süddeutschland. Die Ausbreitung erfolgt primär in ökologischen oder extensiven Anlagen sowie im Streuobstanbau [1][3].
Biologie und Krankheitszyklus
Marssonina coronaria überwintert im Falllaub, wo Konidien in sogenannten Acervuli gebildet werden. Diese asexuellen Sporen gelten in Europa als wichtigste primäre Infektionsquelle. Die sexuelle Form (Ascosporen in Apothezien) konnte bislang nicht nachgewiesen werden. Erste Infektionen erfolgen bereits im Mai, häufig nach Regenereignissen. Die Inkubationszeit beträgt etwa 10–20 Tage, danach treten erste Symptome auf. Der Pilz durchläuft mehrere Infektionszyklen im Jahr (3). Die Infektion erfolgt bei hoher Luftfeuchtigkeit und Temperaturen zwischen 20 und 25 °C. Die Ausbreitung geschieht über Spritzwasser. Die Sporulation beginnt ab Mitte April aus überwintertem Laub [3]. Studien zeigen, dass Konidien die Hauptinfektionsquelle darstellen, während Ascosporen in Europa keine Rolle spielen [4]. Sporenfallen zeigten eine gleichmäßige Verteilung der Konidien in verschiedenen Höhen über Laubdepots [4].
Symptome
Die ersten Symptome erscheinen ab Juni in Form von kleinen, braun-violetten bis schwarzen Blattflecken auf der Oberseite der Blätter. Diese vergrößern sich zu grauschwarzen nekrotischen Flecken mit schwarzen Fruchtkörpern (Acervuli). Die betroffenen Blätter verfärben sich gelb und fallen vorzeitig ab. Mitunter treten auch olivgrüne bis schwarze Fruchtflecken auf [1]. Eine sichere Abgrenzung zu anderen Blattfleckenerregern wie Phyllosticta gelingt über mikroskopische Merkmale [1].
5. Bedeutung für Streuobstwiesen Streuobstwiesen sind in MitteleuropaÖsterreich ein bedeutender Bestandteil der Kulturlandschaft und Biodiversität [5]. Sie zeichnen sich durch eine extensive Bewirtschaftung und hohe Sortenvielfalt aus. Diese Bewirtschaftungsform, fast immeroft ohne regelmäßige Fungizidbehandlungen im Sommer, begünstigt das Auftreten von Marssonina coronaria. Besonders betroffen sind schorfresistente Sorten, bei denen auf Pflanzenschutzmaßnahmen verzichtet wird. Der daraus resultierende Blattfall kann die Vitalität der Bäume langfristig beeinträchtigen, den Fruchtertrag reduzieren und die Ausbildung von Knospen im Folgejahr stören [1] [3][5].
Sortenanfälligkeit
In einer Studie wurden Isolate von Marssonina coronaria aus verschiedenen Regionen der USA auf ihre Aggressivität und Wirtsspezifität getestet. Dabei zeigten sich signifikante Unterschiede in der Krankheitsintensität, die auf eine unterschiedliche Anfälligkeit der getesteten Apfelsorten hindeuten. Diese Erkenntnisse sind insbesondere für Züchtungsprogramme relevant, die auf krankheitsresistente Sorten abzielen.
Bekämpfung und Management
Biologische Maßnahmen
Im ökologischen Anbau kommen hauptsächlich Tonerdepräparate wie Myco-Sin und Myco-San zum Einsatz, die eine zufriedenstellende Wirkung zeigen. Ergänzend werden Netzschwefel, Kupferpräparate und Schwefelkalk eingesetzt. Kaliumbicarbonat zeigt eine schwächere Wirkung [3]. Für eine verbesserte Wirkung wird auch eine Kombination aus Tonerde- und Schwefelbehandlung empfohlen [1].
Kulturelle Vorbeugende Maßnahmen
Zentrale Maßnahmen umfassen die Förderung des Blattabbaus nach dem Laubfall, das Entfernen von Falllaub sowie durchlüftungsfördernde Schnittmaßnahmen. Die Vermeidung dichter Baumkronen reduziert die Blattnassdauer und senkt damit das Infektionsrisiko [3].
Chemische Maßnahmen
In der integrierten Produktion werden Fungizide wie Trifloxystrobin, Difenoconazol und Captan mit guter Wirkung eingesetzt. Sie zeigen insbesondere in Kombination nach der Blüte eine hohe Wirksamkeit. Im konventionellen Anbau ist der Erreger bislang weniger problematisch, da er durch andere Behandlungen miterfasst wird [1].
Integrierte Strategien
Ein kombinierter Einsatz von biologischen, kulturellen vorbeugenden und chemischen Maßnahmen verspricht den höchsten Bekämpfungserfolg. Besonders wichtig ist die Behandlung ab Auftreten der ersten Symptome, da bereits das Auslassen einzelner Spritzungen den Befall deutlich erhöhen kann [3].
Forschung und Entwicklung
Neuere molekulargenetische Studien zeigen, dass europäische Populationen von Marssonina coronaria eine geringe genetische Diversität aufweisen, was auf eine vergleichsweise junge Einführung oder Ausbreitung hinweist [4][6]. Gleichzeitig bestehen deutliche genetische Unterschiede zu asiatischen Populationen. Die Entwicklung von SSR-Markern erlaubt dabei eine genauere Analyse der Populationsstruktur und unterstützt künftige Resistenzzüchtungsprogramme [6].
Einzelnachweise
- ↑ 1,0 1,1 1,2 1,3 1,4 1,5 1,6 Naef, A. et al. (2013). Marssonina-Blattfall, eine neue Apfelkrankheit. Schweizer Zeitschrift für Obst- und Weinbau 16(13): 8–11.
- ↑ Lee, D. H. et al. (2011). Biological characterization of Marssonina coronaria associated with apple blotch disease. Mycobiology 39(3): 200–205.
- ↑ 3,0 3,1 3,2 3,3 3,4 3,5 Naef, A. et al. (2019). Neueste Erkenntnisse zur Blattfallkrankheit. Öko-Obstbau 3: 8–11.
- ↑ 4,0 4,1 4,2 Oberhänsli, T. et al. (2021). Multiplexed SSR marker analysis of Diplocarpon coronariae reveals clonality within samples from Middle Europe and genetic distance from Asian and North American isolates. CABI Agriculture and Bioscience 2:21. [1].
- ↑ 5,0 5,1 Österreichische UNESCO-Kommission (2010). Streuobstanbau in Österreich – Immaterielles Kulturerbe. Wien.
- ↑ 6,0 6,1 Khodadadi, F. et al. (2022) Characterizations of an emerging disease: Apple blotch caused by Diplocarpon coronariae (syn. Marssonina coronaria) in the Mid-Atlantic United States.. Plant Disease 106(6): 1803–1817.[2].