Stammbehandlung bei Frost- und Hitzerissen bei Obstbäumen: Unterschied zwischen den Versionen
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Aktuelle Version vom 25. Juni 2025, 09:36 Uhr
Stammbehandlung bei Frost- und Hitzerissen bei Obstbäumen
Frost- und Hitzerisse zählen zu den häufigsten klimabedingten Schadbildern an Obstbaumstämmen (Hinrichs-Berger 2004). Diese Schäden entstehen durch starke Temperaturschwankungen zwischen Tag und Nacht sowie durch extreme Sonneneinstrahlung (LOGL 2018). Die Risse beeinträchtigen nicht nur das äußere Erscheinungsbild und die Vitalität der betroffenen Bäume, sondern stellen auch Eintrittspforten für verschiedene Krankheitserreger dar (Bannier o.J.). Infolge des Klimawandels, der eine Zunahme an Wetterextremen mit sich bringt, gewinnen vorbeugende Schutzmaßnahmen sowie gezielte Behandlungen von Rindenschäden zunehmend an Bedeutung (FiBL et al. 2016).
Ursachen
Frostbedingte Rissbildung
Frostrisse entstehen durch ungleichmäßige Ausdehnung von Gewebeschichten, wenn sonnige Wintertage und kalte Nächte aufeinander folgen. Die tagsüber erwärmte Rinde zieht sich nachts bei starkem Frost abrupt zusammen. Diese Spannung zwischen der äußeren und inneren Gewebeschicht führt zu Rissbildungen, insbesondere an südlich exponierten Stammabschnitten. Die Frostempfindlichkeit hängt von der Baumart, dem Alter und der Rindenstruktur ab (LOGL 2018).
Hitzerisse und Sonnenbrand
Hitzerisse entstehen durch intensive Sonneneinstrahlung und hohe Temperaturen. Diese treten überwiegend an Süd- oder Südwestseiten auf, insbesondere bei frisch geschnittenen oder freigestellten Bäumen. Die Rinde überhitzt, es kommt zu Gewebeschäden und Rissbildung (Hinrichs-Berger 2004; MDR Garten 2023). Thermische Schäden werden gefördert durch Verbissschutz aus Kunststoff ohne Belüftungslöcher, wenn er eng anliegt, Nährstoffmangel (Phosphor, Kalium) und Stickstoffüberschuss bzw. Überdüngung (Maurer et al; 2016).
Krankheiten
Sowohl Frost- als auch Hitzerisse ermöglichen das Eindringen von Erregern wie Pseudomonas syringae (bakterieller Erreger des Bakterienbrands), Nectria galligena (Pustelpilz, der Obstbaumkrebs hervorruft) oder Stereum hirsutum (Striegeliger Schichtpilz). Diese können zu Krebsbildungen, Holzfäule und einer langfristigen Schwächung des Baumes führen (Hinrichs-Berger 2004).
Wasserversorgung
Ein ausgeglichener Wasserhaushalt ist essenziell zur Vorbeugung. Trockengestresste Bäume sind anfälliger für Hitzerisse, da ihre Zellstruktur weniger elastisch ist. Eine angepasste Bewässerung unterstützt die Rindenstabilität (FiBL et al. 2016).
Schadbild
Das Schadbild umfasst vertikale, oft mehrere Zentimeter tiefe Risse entlang des Stammes. In schweren Fällen sind das Kambium und das darunterliegende Holz betroffen. Begleiterscheinungen sind Gummifluss, abgestorbene Rindenteile und die Bildung von Wundkallus. Langfristig kann es zu Verformungen, Totholz oder gar Stammbruch kommen (Hinrichs-Berger 2004; LOGL 2018).
Gefahren durch Risse im Baumstamm
Risse schwächen die Wasser- und Nährstoffleitung und begünstigen strukturelle Instabilität. Bei starkem Wind, Schneelast oder Fruchtbehang kann es zu Ast- oder Stammbruch kommen. Die offenen Stellen sind außerdem Einfallstore für Krankheitserreger, was zu weiteren Schäden bis hin zum Absterben ganzer Kronenteile führen kann (Bannier o.J.; Baumpflegeportal 2023).
Vorbeugung und Schutzmaßnahmen
Weißanstrich
Weißanstrich mit Kalk- oder Lehmlösungen reflektiert Sonnenstrahlen und reduziert Temperaturschwankungen. Der Anstrich wird im Spätherbst oder Winter aufgetragen und schützt zuverlässig vor Sonnenrissbildung. Besonders geeignet sind Produkte auf Ton- oder Lehm-Basis (Hinrichs-Berger 2004; Bannier o.J.). Ein selbstgemachter Baumanstrich kann aus einem Gewichtsanteil Löschkalk oder Muschelkalk und einem Gewichtsanteil Tonmehl hergestellt werden. Kalk und Ton werden mit Wasser zu einem sämigen Brei angerührt. Die Beigabe von Tapetenkleister, Quark (Topfen) oder Kuhfladen oder ein Voranstrich mit Silikatgrund zur besseren Haltbarkeit ist empfehlenswert. Dieser Anstrich ist günstig, aber leicht abwaschbar (muss jährlich oder halbjährlich neu aufgebracht werden). Die Verwendung von Branntkalk sollte vermieden werden, da er die Rinde aufweicht. Generell können Weißanstriche nur bei trockenem und frostfreiem Wetter aufgebracht werden. Schilfrohrmatten hingegen können auch in der kritischen Zeit (Januar bis März) montiert werden (Maurer et al, 2016)
Lehmanstrich
Lehmanstriche gelten als traditionelle und umweltfreundliche Methode. Der feuchte Lehm wird direkt auf die Wunde aufgetragen und z. B. mit Jute umwickelt. Er schützt das Kambium, hält es feucht und fördert die Regeneration (Bannier o.J.).
Stärkung der Vitalität
Ein vitaler Baum ist widerstandsfähiger. Maßnahmen wie organische Düngung, Bodenpflege und Förderung von Mykorrhiza-Pilzen steigern die Widerstandskraft gegen Rindenschäden (FiBL et al. 2016).
Mechanischer Schutz
Jungbäume sollten mit atmungsaktiven Materialien wie Jutesäcken oder Schilfrohrmatten geschützt werden. Sie verhindern starke Temperaturschwankungen und schützen vor Wildverbiss (LOGL 2018).
Bodenvorbereitung und Pflege
Ein durchlässiger, nährstoffreicher Boden begünstigt die Baumgesundheit. Mulch und Unterpflanzungen erhalten die Feuchtigkeit und fördern das Bodenleben (FiBL et al. 2016).
Behandlung geschädigter Bäume
Wundbehandlung
Schnittmaßnahmen sollten mit scharfem Werkzeug durchgeführt werden. Quetschungen und ausgefranste Schnitte begünstigen Infektionen und behindern die Heilung. Wasser muss gut ablaufen können, um Staunässe und Fäulnis zu vermeiden (LOGL 2018). Synthetische Wundverschlussmittel sind umstritten, da sie das Gewebe versiegeln und die natürliche Atmung behindern können. Besser geeignet sind atmungsaktive Materialien wie Lehm oder organische Mulchstoffe (Bannier o.J.; Baumpflegeportal 2023).
Rückschnitt und Baumvitalisierung
Ein Rückschnitt der Krone kann helfen, Verdunstung zu reduzieren und die Wundheilung zu fördern. Zusätzlich tragen Maßnahmen wie Kompostgaben, Bodenlockerung oder Mykorrhiza-Impfungen zur Vitalisierung bei (FiBL et al. 2016).
Die richtige Schnittzeit
Der Spätwinter ist ideal für den Schnitt zur Behandlung von geschädigten Bäumen, da diese dann in der Ruhephase sind. Sommerschnitt ist möglich, wenn Trockenperioden und Hitze vermieden werden. Bei Frost sollte nicht geschnitten werden, da dabei leicht Rindenschäden entstehen können (LOGL 2018).
=== Forschung und Entwicklung Die Forschung beschäftigt sich aktuell mit biologischen Schutzanstrichen, widerstandsfähigen Sorten und digitalen Frühwarnsystemen für Temperaturstress. Ein Schwerpunkt liegt auf der Wirkung traditioneller Schutzmethoden wie Lehmanstrich im Vergleich zu synthetischen Mitteln (Bannier o.J.; FiBL et al. 2016). Auch die Bedeutung eines gesunden Bodenökosystems und biodiversitätsfördernder Maßnahmen im Obstgarten wird verstärkt erforscht (FiBL et al. 2016).
Einzelnachweise
- Bannier, H.-J. (o.J.). Behandlung von Obstbaumwunden mit Lehm. Eigene Veröffentlichung.
- Baumpflegeportal (2023). Wundverschlussmittel im Obstbaumschnitt: Kritik und Alternativen.
- FiBL, Hochstamm Suisse, BirdLife Schweiz, Bio Suisse (2016). Biologischer Obstbau auf Hochstammbäumen. Grundlagen und Praxisempfehlungen. Frick: Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL).
- Hinrichs-Berger, J. (2004). Weißeln von Obstbäumen zur Vermeidung von Frostrissen und Stamminfektionen mit Pseudomonas syringae. In: Gesunde pflanzen, Bd. 56, S. 48-54.
- Landesverband für Obstbau, Garten und Landschaft Baden-Württemberg e.V. (2018). Stammpflege bei Obstbäumen – Schulungsskript. Interne Schulungsunterlage im Rahmen der Ausbildung zum LOGL-geprüften Obst- und Gartenfachwart.
- Maurer, J., Kajtna, B., Heistinger, A., Arche Noah (2016). Handbuch Bio-Obst: Sortenvielfalt erhalten, ertragreich ernten, natürlich genießen. Löwenzahn.
- MDR Garten (2023). Rindenrisse und Sonnenbrand bei Obstbäumen vermeiden.